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SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT ONLINE, 26.10.2000
 

 

Dinosaurier waren keine Giraffen

Zu den Dinosauriern gehören auch die größten Landlebewesen, die je die Erde bewohnt haben, die Sauropoden. In Sciencefiction-Filmen wird uns oft weisgemacht, dass diese riesigen Ungetüme mit ihren überlangen Hälsen wie heutige Giraffen die Baumkronen abgeweidet hätten. Doch eine neue Untersuchung stellt jetzt abermals in Frage, dass die Sauropoden ihre Hälse überhaupt senkrecht halten konnten. (...)

Sauropoden gehörten zu den größten Dinosauriern. Der Barosaurus erreichte beispielsweise eine Körperlänge von 27 Metern. Ein großes Rätsel ist jedoch mit den überlangen Hälse dieser Urtiere verbunden. Einige Wissenschaftler nehmen an, dass die Echsen mit senkrecht gehaltenem Hals die Baumkronen abfraßen. Einer neuen Untersuchung zufolge konnten die Sauropoden ihre Hälse aber wahrscheinlich kaum über die Höhe ihres Körpers hinaus heben (Proceedings of the Royal Society in London, Oktober 2000).

Roger Seymour von der University of Adelaide hat seit 24 Jahren nach den Faktoren gesucht, die bei Tieren die Größe der Herzen bestimmen. Er erkannte, dass für alle Tiere zwei Faktoren entscheidend sind: die Höhe des Kopfes über dem Herzen und der Umstand, ob die Tiere Warm- oder Kaltblüter sind. Beispielsweise hat die Giraffe einen außergewöhnlich hohen Blutdruck und ein sehr großes Herz, weil sie das Blut über den langen Hals bis zum Kopf transportieren muss. Vögel und Säugetiere haben ebenfalls relativ große Herzen, weil sie Warmblüter sind. Hingegen haben die kaltblütigen Reptilien einen niedrigeren Stoffwechsel, einen geringeren Blutdruck und kleinere Herzen. Bei den Dinosauriern ist es aber bisher nicht geklärt, ob sie zu Warm- oder Kaltblütern gehören.

"Wir haben bestimmt, dass die linke Herzkammer eines warmblütigen Barosaurus etwa 2 000 Kilogramm wiegen müsste, um das Blut bis zum Gehirn zu befördern", sagt Seymour. "Das ist aus wenigstens drei Gründen unmöglich: Erstens wäre es schwierig, solch ein riesiges Herz im Körper unterzubringen. Zweitens würde das Herz mehr Energie verbrauchen als der restliche Körper und drittens wären die Herzwände so dick und unbeweglich, dass sie mehr Energie verbrauchen würden, um sich selbst zu verformen, als um tatsächlich Blut zu befördern."

Daher sagt Seymour: "Wir räumen ein, dass die Tiere eine senkrechte Halshaltung gehabt haben und von einem kleinen Herzen mit Blut versorgt worden sein könnten. Aber nur dann, wenn sie einen niedrigen Stoffwechsel hatten, der für Reptilien typisch ist. Auch in diesem Fall müssten die Herzwände relativ dick und ineffizient für den Pumpvorgang gewesen sein." Er fügt hinzu: "Die Frage, ob Dinosaurier Warm- oder Kaltblüter waren, wird seid dreißig Jahren diskutiert, aber der Stoffwechsel von Sauropoden wird wohl nie bis zur Gänze bekannt werden. In jedem Fall erscheint es unwahrscheinlich, dass diese Tiere ihre Köpfe so hoch erheben konnten, wie es oft behauptet wird."

Diese Zweifel wurden auch schon 1999 in einer Untersuchung geäußert (Science vom 30. April 1999). Kent Stevens und Michael Parrish veröffentlichten damals die Ergebnisse eines Computerprogrammes, mit dem sie die Lage der Halswirbel von Sauropoden rekonstruiert hatten. Daraus ergab sich: Die Urtiere konnten ihre Hälse nicht wie Giraffen bewegen, sondern nur wie Kühe, die ihre Nahrung am Boden suchen.


Kommentar des Autors

Leider ist es nicht so, wie es in dem Artikel anklingt, dass nur die Darstellungen in Science-Fiction-Filmen falsch sind. Die Regisseure haben sich das nämlich in den Museen der ganzen Welt abgeguckt. Auch heute noch sind Skelette von Sauroden in Museen so aufgebaut, dass Sauropoden auf zwei Beinen balancierend ausgestellt werden. In "Irrtümer der Erdgeschichte" wird darauf hingewiesen, dass diese Vorstellung aus verschiedenen unterschiedlichen Gesichtpunkten ganz einfach falsch sein muss. Insbesondere der Sohldruck - aufgrund der Verteilung der Masse des Körpers - auf zwei Beinen wäre viel zu hoch. Sauropoden lebten wahrscheinlich fast nur im Wasser bzw. in Sümpfen und nicht oder selten auf dem Land, da man fast nie Schwanzschleifspuren findet.

Trotzdem, zu dem im Artikel dokumentierten Sinneswandel - der vom Autor aus logischen Gründen ausdrücklich begrüßt und seit längerer Zeit propagiert wird - leistet das neue Buch »Irrtum Erdgeschichte« weitere Beiträge und neue Gesichtspunkte zu diesen Themen. Die in diesem neuen Buch des Autors aufgestellte Behauptung, dass Sauropoden aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind, auf zwei Beienen zu balancieren, wurde bestätigt.

ApatosaurusIn der Enzyklopädie »Dinosaurier und andere Tiere der Vorzeit« (München, 1989) wird der Apatosaurus (früher: Brontosaurus) aktuell auf zwei Beinen dargestellt. Es handelt sich also nicht um Science-Fiction-Darstellungen - wie in dem Artikel deutlich suggeriert wird -, sondern wissenschaftlichen Darstellungen, wenn Sauropoden phantasievoll auf zwei Beinen balancieren.